Müdigkeit äussert sich bei Menschen auf verschiedene Arten. Die einen fühlen sich zwar müde, aber nicht gezwungen zu schlafen oder sich gar auszuruhen. Sie arbeiten einfach weiter, als wäre nichts. Andere wiederum fühlen sich müde, werden langsamer und träger, gedanklich wie ausführend, wenden sich innerlich ab und beschäftigen sich mehr mit sich selbst als mit der Aussenwelt. Wieder andere schotten sich bei Müdigkeit ab, wollen nicht reden, nicht handeln, nicht denken. Sie schlafen dann, ruhen sich aus, gehen sinnigen wie weniger sinnigen Beschäftigungen nach. Sie lassen auch mal die Seele baumeln. Jedem so, wie ihm der Sinn steht. 

Die Einleitung verrät es bereits: Die körperliche Müdigkeit, vor allem, wenn es sich um eine langanhaltende Müdigkeit handelt, geht mitunter mit einer geistigen Müdigkeit einher. Über die physiologische und neurologische Funktionsweise der Müdigkeit existieren genug Studien, medizinische Indikationen und einleuchtende Erklärungen. 

Ich schreibe hier über die seelische Müdigkeit. Auch als Überdruss oder seelisches Sättigungsgefühl bekannt. Alle drei haben etwas gemein: Man mag nicht mehr. Je mehr man diese Müdigkeit versucht zu ignorieren, um so stärker wird sie. Das Sättigungsgefühl steigert sich und alles bleibt einem im Hals stecken, wird zu einem Knoten, den man schliesslich nicht mehr selber lösen kann. 

Versuchen wir mal, die Müdigkeit zuzulassen. Wie bei der körperlichen Müdigkeit ist auch die seelische eine Möglichkeit, einen oder mehrere Lebensumstände zu interpretieren. Etwas wollen wir nicht mehr. Etwas muss geändert werden. Etwas ist uns zu nahe gekommen, nimmt uns zu sehr ein und lässt uns wenig bis keine Bewegungsfreiheit.

Bleiben wir in der Müdigkeit, sinkt unser Selbstwert, denn wir sehen nur das, was wir nicht mehr mögen. Wir sehen dann nur Grenzen

Nehmen wir einen Aussenposten ein. Sehen uns selbst in unserer kleinen Box zu, wie wir versuchen mit den Umständen umzugehen. Welche Beschreibung fällt uns hierzu ein? Wie beim Schlummerzustand lösen wir uns von der Realität ab und entweichen in die Verarbeitung des Tages, die Regenerierungsphase namens Schlaf. Diese Distanz tut uns gut, denn wir sehen zwar, was vor sich geht, jedoch mit der Gewissheit, sich nicht ausschliesslich damit beschäftigen zu müssen. 

Dieser Aussenposten, in dem wir uns werken sehen, lässt uns auch einen Blick über den Tellerrand wagen. Wir machen Platz für neue Optionen, neue Wege, die wir gehen könnten, um die Lebensumstände weniger umständlich zu gestalten. Wie in einem Traum sehen oder erleben wir Dinge, die sich nicht ganz so zutragen können. Ein Brainstorming im wahrsten Sinne des Wortes. Zu den erkannten Grenzen kommen dann neue Wege hinzu. 

 

Und, heute schon neue Wege gegangen?

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angela@caleidoscoop.ch

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