Unvermittelt auftretende Tränen – ohne Grund weinen. Das passiert den wenigsten unter uns. Doch was sind unvermittelte Tränen? Muss den Traurigkeit einen Grund haben? Oder fragen wir uns auch bei unseren glücklichen Stimmungen, wieso wir glücklich sind?

Wir gehen davon aus, dass glücklich sein eine Grundstimmung ist, ein Normal-Zustand, ein Standard. Doch wie so vieles in der Natur ist das ein Spektrum, das von extrem glücklich bis extrem traurig reicht. Am einen Ende lächeln wir unvermittelt und können nicht damit aufhören. Nichts kann unsere Gedanken trüben. Am anderen Ende steckt der Klos im Hals, verhindert das Reden und Denken und Tränen brechen aus uns heraus. Unvermittelt, unkontrolliert, ungewollt. Doch für wen sind sie unvermittelt, unkontrolliert und ungewollt? Und für wen sind sie das, was sie in diesem Moment gerade benötigen?

Der Verstand, besser unser Verstand kann Gefühle nicht begreifen. Der Verstand kann sie vielleicht erklären, aber er kann sie nicht begreifen. Darum fehlen uns oft die treffenden Worte, die wirklich im System ankommen. Tränen kommen also in solchen Fällen bestenfalls für unseren Verstand unvermittelt, unkontrolliert und ungewollt. Was der Verstand in solchen Fällen versucht, ist die Tatsache, dass Tränen fliessen erklären zu wollen, analysieren zu wollen, kontrollieren zu wollen. Man darf nicht weinen, weil schliesslich hat man keinen sichtlichen, erklärbaren Grund dafür! In Momenten der unerklärlichen tiefen Traurigkeit kommen Analyse und Kontrolle seelischer Grausamkeit nahe.

Hier könnten wir unseren Diskurs bereits beenden, wäre das nicht das Bewusstsein, dass erstens mehrere Ebenen ein menschliches Wesen ausmachen und zweitens Traurigkeit wie auch Glücklich sein Teile des gleichen Spektrums sind. Zwei Seiten derselben Sache.

Unter oder neben oder über oder zwischendrin gibt es en Wesen in uns. Wir nennen es unser eigen. Dabei ist es eher umgekehrt, denn unser Wesen ist das, was uns eigen macht. Es ist unser Verstand und unser Bewusstsein die nur Teile unseres Wesens sind. Das Wesen ist so viel grösser als unser Verstand und gleichzeitig ist das Wesen auch sehr bescheiden und meldet sich oft genug nur selten. Unser Wesen folgt keinem Zeitplan. Diese unvermittelten Moment der Stärke und Grösse unseres Wesens bewegen und berühren uns. Es sind die kostbarsten Momente, wenn das Wesen sich in uns rührt. Und wenn es sich bewegt, bewegt es den ganzen Menschen und manchmal auch die Menschen um uns herum.

Das Wesen ist immer echt! Und Echtheit berührt auch andere Wesen. Daher rührt auch unsere Fähigkeit, mit anderen Menschen mit-weinen zu können.

Also hier die Antwort, wer die unvermittelten Tränen benötigt. Tränen sind Signale unseres Wesens, dass sich etwas bewegt. Tränen befreien, Tränen reinigen, Tränen lösen, Tränen lassen los. Tränen vermitteln, dass sich in unserem Wesen etwas verändert, sich etwas neu oder wieder ordnet.

Lassen wir Tränen zu, lassen wir Veränderung zu! Dem ist nichts hinzuzufügen.

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