Ludwig Wittgenstein (1889-1951) formulierte:

Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.

Als Sprache wird allgemein ein Verständigungssystem oder eine Kommunikationsform verstanden. Sprache ermöglicht das Codieren einer Botschaft oder Mitteilung, die das Gegenüber decodieren muss, um sie zu verstehen und weiterzuverarbeiten.

Der Mensch lebt mit, in und durch seine Sprache. Er bereichert sie und mit jedem neuen Wort erweitert sich seine Welt. Die Sprache ist die Vereinbarung zwischen Erleben, Wahrnehmen und Verstehen der Dinge. Aneinander gereihte Momente erhalten eine eigene Färbung und diese verändert sich im Laufe der Zeit, wenn neue Momente zu Erinnerungen werden.

Die Sprache ist ein Gedächtnis, denn darin hallen Erfahrungen nach, Interpretationen und (Vor-)Urteile, Werte und Denkmuster. Die Sprache ist ein Abbild der menscheigenen Identität; eine Landkarte des Gegenübers aber nicht das Gegenüber selbst.

Eine sehr spannende Sichtweise des Sprachgebrauchs ist das eigene Repräsentationssystem. Der Mensch hat fünf ausgeprägte Sinneskanäle, über die er Informationen aufnimmt, dem Gehirn weiterleitet und ordnet. VAKOG (visuell, auditiv, kinästhetisch, olfaktorisch, gustatorisch) oder auch als Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken bekannt. Ein oder zwei Sinne sind jeweils ausgeprägter als die anderen und so lässt sich anhand der Wortwahl in den Erzählungen feststellen, welche das sind.

Die Sprache der Menschen entsteht in einer Kultur. In einer Kultur ist das Weltbild verankert sowie Moral und Ethik, Rechtsgrundlagen und Glaubensfragen. Lernt das Kleinkind seine Sprache, so bekommt es neben der Wertvorstellungen der eigenen Eltern auch die Wertvorstellungen, Moralgrundlagen und Glaubensbekenntnisse der strukturellen Kultur mit. Wächst ein Kind zweisprachig auf, wächst es unvermeidlich mit zwei Kulturbildern auf. Eine Sprache heisst, eine Kultur erleben.

Die Farbe der Sprache ist vielschichtig. Also färbe ich das Bild der Wirklichkeit – also entsteht meine Wahrnehmung – also spreche ich von meiner Wahrheit. Ist es also nicht anmassend zu behaupten, dass ich alle Dimensionen der Sprache meines Gegenübers verstehe und richtig deute?

Reflexionsfragen zur eigenen Sprache

Wie ist die Farbe meiner Sprache?
Welche Erfahrungen hallen in meiner Sprache?
Wer/Was hat Einfluss auf meine Sprache?

PS: Ich habe hier die nonverbale Sprache, die Wahrnehmung, die Kommunikation etc. ausgeklammert. Lediglich Denkanstösse zur Reflexion der eigenen Sprache.

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