Egal was du tust oder wie du es tust – tu es bedingungslos.

Menschliche / soziale Bindungen basieren auf der Reziprozität – kurz für: wie du mir, so ich dir oder wie der Lateiner zu sagen pflegt: quid pro quo.Also gut: Wenn du Beeren pflückst und mir welche davon abgibst, schaue ich nach deiner Hütte. So einfach: ein Tauschgeschäft der Handlungen, um den Fortbestand der Sippe zu sichern. So entstanden soziale Bindungen. Nur so konnte die Rasse Mensch überleben. Grundbedürfnisse, Sicherheit, soziale Gefüge – wie Abraham H. Maslow gut erkannt hat. Und dann halt. Es ist o.k. für die Sicherheit in der Sippe. Es ist o.k. für eine Handlung eine Gegenleistung zu verlangen sofern es der andere nicht selber bewerkstelligen kann und es so von beiden Seiten gewünscht wird. Bei solchen Handlungen im Tausch gibt es noch die universale Betrachtungsweise. Ich tue etwas für dich. Auch wenn du nichts für mich tun kannst, wird mir das Universum etwas zurückgeben – irgendwann, irgendwie. Schöner Gedanke, empirisch nicht nachweisbar aber trotzdem sehr annehmbar, wenn Adam Smith seine Theorie der unsichtbaren Hand damit stützen kann. Schliesslich hat der Mann den Nobelpreis dafür bekommen. Also gut: Smith sagte quid pro quo auch wenn es dann ein anderer tut – es geht ums Gemeinwohl. Maslow sagte wir brauchen soziale Zugehörigkeit, daher bedienen sich Menschen des Tauschgeschäftes.

Aber – und da ist die Moral der Geschichte – Achtung beim emotionalen Tauschgeschäft. Da klappt das nicht. In der Liebe, Freundschaft und in Familien wird dieses Prinzip oft falsch verstanden. Weil ich das und das tue, sollst du mich wertschätzen. So funktioniert das nicht. Oder noch absurder: wenn ich dich versuche zu achten, sollst du das auch tun. Meine Lieben, Handlungen sind keine Emotionen und Emotionen sind keine Handlungen, die man so einfach untereinander tauschen kann. Es sollte kein emotionales Tauschgeschäft geben. Das entspräche im weiteren Sinne der Nötigung. Dieser Gedanke wäre durch und durch niedrig und für mein Gegenüber erniedrigend.

Hand aufs Herz: Reziprozität auf emotionaler Ebene führt über kurz oder lang zu Missverständnissen, weil der angewandte Massstab auf beiden Seiten nie gleich zu sein scheint. Dieser Massstab entspricht Werten, Einstellungen, Erwartungen, Wünschen und inneren Bildern. Ein Konstrukt, das nicht auf beiden Seiten gleich angewandt werden kann. Also lasst es sein!

Die einzige mögliche Handlungsweise auf emotionaler Ebene kann und soll nur bedingungslos sein. Ohne Bedingungen, ohne Erwartungen, ohne Rückgriffe oder Tauschabsicht. Wenn etwas geschieht dann weil ich es mache ohne Bedingungen zu stellen. Wenn ich einen Menschen tröste, dann nicht mit der Absicht, dass mich dieser Mensch irgendwann auch mal trösten wird. Sollte es eine universale Gerechtigkeit geben, wird ein anderer Mensch da sein, wenn ich Trost brauche. Wenn ich Nähe schenke, dann nicht um Nähe zu empfangen, sondern der Nähe willen. Die Nähe, die dem Menschen Wärme gibt. Diese Wärme bekomme ich just in diesem Moment auch. So etwas kann ich nicht für später aufheben.

Es ist absurd und völlig unnötig Bedingungen zu stellen, wenn ich etwas tue oder gebe. Tu es bedingungslos und ohne Erwartungen oder tue es lieber gar nicht. Der Wert bedingungslos ist uns leider etwas fremd. Doch hat er nichts mit Altruismus zu tun. Ich tu es weil ich es kann und will und nicht weil ich es muss.

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